
3.5.25 Silopi - Mardin
Der Morgen beginnt wie immer in einem neuen Land, mit der Suche nach einer SIM Karte. Die Preisunterschiede sind riesig und wir werden bei einem Mädel fündig. SIM Karte, 300 Giga für drei Monate für unter 30.- Dann kommt Kühlschrank auffüllen bei der MIGROS an die Reihe, tja, alles wie zu Hause. Wir fahren 190 km entlang der syrischen Grenze, entsprechend hoch ist das Militäraufgebot. Die Felder sind jetzt im Frühling grün, überall steht der Hafer und die Weizenfelder bereits hoch.
Die an Hanglage gebaute Altstadt von Mardin liegt auf knapp 800 M.ü.M. und ist bereits gut zu sehen, als wir in den zentral gelegenen Parkplatz einbiegen. Ein richtiger Camper Stellplatz mit Duschen und Waschmaschine - alles was wir im Moment ziemlich dringend benötigen.
Am Abend laufen wir die vielen Treppenstufen bis ins Zentrum der Stadt. Wow, ist die cool! Schön beleuchtet, interessante Geschäft mit handgemachten Seifen, viel Kaffee und Schokolade, natürlich alles aus Mandeln und Nüssen und sehr viel schönes, sehr feines Silber, gute Restaurants und viele Bummler denn es ist Samstag - ein fantastischer Ort um wieder anzukommen. Aber auch ein krasser Unterschied zu den letzten Tagen...im positiven Sinne. Einmal mehr denken wir, dass es reine Glückssache ist, wo man geboren wird.
5.5. - 8.5. Sanliurfa - Gaziantep
Unser Weg weiter westlich führt uns über die beiden Städte Sanliurfa und Gaziantep. Beide mit über 2 Mio. Einwohnern, aber total entspannt. Es ist bequem, dass Stadtautobahnen in der Türkei meist vier- oder sechsspurig sind, so sind Staus selten und der Verkehr übersichtlich und fliessend.
In beiden Städten gibt es gute Übernachtungsplätze mitten im Zentrum. So bummeln wir einfach jeweils in die schöne Altstadt, im Falle von Gaziantep in das besonders schöne Viertel des Basars. Hier reiht sich Werkstatt an Werkstatt, es wird Silber und Kupfer gehämmert, Eisenwaren geschmiedet, Lederwaren zugeschnitten und genäht, Messer geschliffen, Seifen hergestellt, Süsswaren produziert und Holz gedrechselt, wir sehen nur sehr wenige Souvenirs, von denen wir glauben sie seien aus Fernost.
Tinu gibt eines seiner grossen Taschenmesser zum schleifen, der nette Opa hat das in nullkommanichts erledigt, 1 Franken wechselt den Besitzer und Tinu könnte jetzt damit rasieren.
Viele Geschäfte mit den bekannten Baklava Spezialitäten, sind hier noch um eine Spezialität reicher. Pistazien. Die von Gaziantep sind wohl besonders berühmt, und es gibt überall grünes Zeug in allen Variationen zu kaufen.
Das Schöne, manchmal auch das Eklige, man darf alles, und jeder macht das, kosten. Also wirklich alles. Jeder langt in die Nüsse, in die Bonbons, in die Früchte, mann halbiert eine Aprikose und wenn die erste Hälfte nicht schmeckt, legt man die zweite Hälfte einfach zurück, natürlich hat es auch immer zahllose Hände in den Zuckermandeln, den Turkish Delights und überhaupt. Wenn man Datteln kostet, legt man den Stein natürlich zurück auf die Datteln - also es ist schon nicht jedermann Sache. Hat aber für uns den Vorteil, dass wir so vieles kennen lernen, von dem wir sonst nicht kosten würden.
Gaziantep ist auch bekannt für seine gute Küche. Wir gehen am Abend in ein kleines Lokal, verstehen dank Google Translate zumindest ein bisschen was, denn die Übersetzungen der Speisekarten sind manchmal auch haarsträubend. Ich esse Lamm in einer warmen Joghurtsauce mit Kichererbsen und Minzeöl, Tinu einen Eintopf mit Lamm, Tomaten, Auberginen und Kartoffeln. Beides richtig fein. Wir haben uns vorgenommen, noch viel mehr zu kosten. Die Spiesse, also Kebabs sind zwar immer lecker, aber die türkische Küche ist so vielseitig, dass wir uns da noch ein bisschen durchprobieren wollen. Eine Herausforderung vor allem für unseren Übersetzer.
9.5. Planänderung - Adana - Kayseri
Eigentlich wollten wir auf direktem Weg zu den Ballons nach Kappadokien. Allerdings sind die Wetterprognosen so schlecht, dass wir zwei Strandtage und einen Umweg nach Kayseri einschieben. Nicht dass wir neuerdings aus Zucker wären, aber die Ballons werden nur bei Wind unter 20 km/h gestartet. In diesen Tagen ist Wind zwischen 30 und 70 km/h gemeldet. Also fern von allen Startmöglichkeiten. Und hey: Kappadokien ohne Ballone geht ja wohl gar nicht. Also fahren wir in die Nähe von Adana und stellen uns da an einen Strand bei einer Ferienhaussiedlung, die im Moment noch recht verwaist ist...und das tolle: wir haben immer wieder Besuch von grossen Kangals, den wunderschönen türkischen Hunden. Sie sind riesig, friedlich, verspielt und freundlich. Wir lieben sie.


Sehr netter Besuch am Strand. Ein ziemlich verschmuster Kangal Mischling.
Wir übernachten irgendwo in den Bergen zwischen Adana und Kayseri. Auf einer Höhe von etwa 1400 M.ü.M. ist es bereits ziemlich frisch, und als am Abend noch ein starkes Gewitter über uns niedergeht wird es richtig kühl. Die Bergspitzen um uns herum sind alle weiss verschneit und bestimmt um 4000 Meter hoch. Wir schlafen auf einer total ruhigen grossen Autobahnraststätte und fahren am Morgen weiter nach Kayseri. Dort im Zentrum gibt es viele gute Parkplätze zu einem sehr günstigen Preis. Wir sind also nur in Spazierdistanz vom traditionellen Bazar und der Altstadt entfernt. Kayseri hat viele kulinarische Köstlichkeiten zu bieten, unter anderem getrocknetes Rindfleisch, Pastrami oder Bündnerfleisch ähnlich. Diese wird überall zum kosten angeboten, ebenfalls gepökelte Würste die wir sonst noch nirgends gesehen haben. Es soll sogar die Hauptstadt der Mantis sein, der berühmten kleinen Ravioli, die es im ganzen Land in ganz unterschiedlicher Art gibt.
Auf Tripadvisor suchen wir uns am Abend ein einfaches Resti mit guten Bewertungen und bummeln durch die Gassen zum versteckten Lokal. Wir versuchen der türkischen Karte etwas was wir verstehen zu entlocken, aber der Kellner hilft uns mit seinen minimalen Englischkenntnissen. Wow, haben wir super fein gegessen. Im Tontöpfchen geschmortes Rindfleisch, dazu hausgemachtes Brot, Joghurt mit Melasse, frische Petersilie, geschmorte Zwiebeln, Zitronen und Chilis und natürlich Pide (gleicher Teig wie das Brot) belegt mit Käse und Pastrami. Alles wird auf dem Feuer zubereitet und schmeckt daher einfach doppelt gut. Kugelrund rollen wir zum Auto zurück und haben Glück, denn gerade als wir im Indy wieder ankommen, geht erneut ein heftiges Gewitter runter. Passt.
11.5.25 Kappadokien
Die Fahrt durch die grüne saftige Landschaft ähnelt der in der Schweiz. Berge, Weizenfelder, Kartoffeläcker, Bergföhren ab und zu Mohnblumen. Die Türkei ist auch im Frühling sehr schön. Erst als wir durch die Feenkamine fahren und die rosa Felsen von Kappadokien sehen, sind wir wieder ganz weg aus der Heimat. Diese Region ist einfach der Hammer. Wir steuern einen der Plätze an, an dem wir ziemlich genau vor neuen Monaten bereits gestanden haben, lassen vorher noch kurz und unkompliziert unsere beiden Gasflaschen füllen und richten uns ein. Die Aussicht ist auch ohne Ballone schön, aber wir freuen uns bereits auf den Morgen. Auch dieses mal hat es einige andere Wohnmobile, hier und da auch mal ein kleines Grüppchen von Seabridge oder so, aber alles in allem ist es doch sehr ruhig und hat endlos viele Plätze zum Stehen.
Wir unternehmen unter Tags ein paar mal schöne Wanderungen, bummeln durch das wuselige Göreme, statten auch dem Felsenort Uchisar einen Besuch ab, beginnen aber die Tage immer gleich.
4:45 klingelt der Wecker, Ohren spitzen ob wir das Fauchen der Gebläse schon hören, ein erster Blick aus dem Fenster und dann ab in die warmen Klamotten. Sie sind einfach magisch! Die ungefähr 160 Ballone die verteilt über eine kleine Region in die Luft steigen. Es ist ein Spektakel den Piloten zuzusehen wie sie die Körbe nur knapp über die Felsen steuern, wie Ballone sich manchmal sogar berühren und überhaupt das ganze Geschehen drumrum. Da wegen Wind die Ballons nicht jeden Tag in die Luft können, sind die guten Tage total ausgebucht. In den Körben sind die Menschen zusammengepfercht, aber alle haben Spass und geniessen das einmalige Erlebnis. Wir bleiben wiederum fünf Tage, treffen noch alte Bekannte vom Irak-Konvoi und lernen alles mögliche an Wohnmobilisten kennen. Eine sehr schöne Zeit. Kappadokien - wir kommen wieder...vielleicht, wenn wir das nächste mal in den Iran fahren...
Wanderungen durch Kappadokien
...und vielleicht die allerletzten Ballone
18.5.25 Kappadokien - Obruk
Es lässt sich nicht vermeiden: wir fahren heute weiter. Tanken im Dorf noch Wasser, kaufen unterwegs ein und fahren 180 km zu Karawanserei von Obruk. Eine seldschukische Karawanserei, auf der Handelsroute Kayseri - Konya. Schätzungen nach stammt sie aus dem 12. Jahrhundert. Das Gebäude wurde über die Jahre bei mehreren Erdbeben schwer beschädigt, und stürzte zu grossen Teilen ein. Im 2007 setzte eine umfassende Renovation ein, welche im 2018 abgeschlossen wurde. Jetzt sind dort Artefakte aus der ganzen Region ausgestellt, es wird als kleines Hotel betrieben und im Restaurant kann man Frühstücken. Auch der Garten ist sehr schön gestaltet, viel Lavendel und Rosen die im Moment leider noch nicht blühen. Allerdings sind die Kangale die da wohnen freundlich, und kommen bei uns vorbei um hallo zu sagen und uns zu bewachen. Denn man darf ausdrücklich mit dem Wohnmobil in dem schönen Park übernachten.
Direkt hinter dem schönen Gebäude ist eine Doline (Sinkhole), welches früher viel Wasser geführt hat. Leider hat die exzessive Nutzung des Wassers den Wasserspiegel bedenklich sinken lassen.
19.-21.5. Beysehir Gölü im Nationalpark
Durch die Millionenstadt Konya kurven wir eher ungern, wollen aber nicht bleiben sondern direkt weiter zum schönen Beysehir See im gleichnamigen National Park. Der drittgrösste Süsswasser See der Türkei, 45 km lang und 25 km breit, mit fast unverbautem Ufer, vielen Wasservögeln und türkisblauem Wasser. Für kleines Geld, darf man am Westende des Sees übernachten. Es ist so schön und ruhig, wir bleiben direkt zwei Nächte. Sehen Störche, Adler, Goldschakale, Gänse und unterschiedlichste Enten bringen wieder mal unseren Indy und uns auf Vordermann, und kochen auf der offenen Feuerstelle. Sehr schön!
22.-27.5. Side
Über wie immer gute Strassen erreichen wir den Ferienort Side am südlichen Mittelmeer, mit seinen 15'000 Einwohnern. Schon seit vielen Jahren, wird dieses Küstenstädtchen von Westeuropäern durch die Sommermonate gerne besucht. Die alte Hafenstadt ist bekannt für die langen Strände und die römischen Ruinen. Wir stellen uns wieder mal auf einen Campingplatz, mitten im Zentrum der Neustadt und tun uns wie immer am Anfang etwas schwer wenn wir aus dem "Nichts" kommen. Der Campingplatz hat zwar nur ein paar Plätze und einige Bungalows, aber die Parzellen sind klein, man hört wieder die Nachbarn, das Ankommen anderer Gäste, den Lärm der Autos - und leider hat man auf diesem Platz halt auch keine Meersicht. Es fehlt die Ruhe, die Weitsicht, die Einsamkeit und die Wüste. Aber hey, wir sind nicht zum Vergnügen hier. Tinu hat schon lange den Durchblick verloren, und braucht dringend neue Brillen. Seine sind abenteuergeprüft, haben soviel Sonne abbekommen wie andere in mehreren Jahren und Sandstürme bekommen den Gläsern auch nicht.
Den ersten Abend flanieren wir an der schönen Promenade entlang der vielen Hotels und Ferienanlagen, entlang des sauberen Strandes und der unzähligen Liegestühle in Reih und Glied. Pauschalurlaubfeeling kommt auf, hat aber auch seine Vorteile in Form von Aperol Spritz und Hugo. Die bezaubernde kleine Altstadt ist verkehrsfrei, toll beleuchtet und hat viele schöne Geschäfte und Restaurants - und Optikerläden. Wenn wir da so flanieren, uns die vielen Touris anschauen, die offenbar vergessen haben, dass wir uns immer noch in einem muslimischen Land befinden - erkennen wir gerade die Vorteile der Tschadore und der weissen Nachthemden der Männer im arabischen Raum. Vielleicht ist es sogar ein Vorteil, hier nicht allzu scharf zu sehen🤓?
Wie dem auch sei, wir sind überrascht was für eine riesige Auswahl an Brillen es hier gibt, von total verrückt-bunt bis zu klassisch. Die Optiker haben viel Fachkompetenz und sprechen alle sehr gut Deutsch. Die meisten von ihnen haben in Deutschland oder der Schweiz gelebt und gearbeitet. Die Qual der Wahl ist gross, Tinu tut sich schwer, in jedem Geschäft findet sich die ein oder andere die uns beiden gefällt, Fotos gehen dann in Echtzeit an unsere Freundin in Bern, die uns dann beratend zur Seite steht. Seit ewigen Zeiten suchen wir gemeinsam Brillen aus, da kommen bestimmt schon 20 Stück zusammen. Also hohlen wir uns ihren Rat und werden am Ende tatsächlich fündig. Im Gegensatz zu anderen Ländern wo der Optiker den Augentest machen darf, muss man in der Türkei zu einem Augenarzt. Der Optiker regelt das und bringt Tinu mit dem Auto hin, die Tests werden gemacht, dann muss man nur noch warten. Für die Gläser werden drei volle Arbeitstage gebraucht, wir bleiben also noch ein paar Tage hier, weil auch das Wochenende dazwischenkommt und machen einen auf Strandferien. Gehen schwimmen (das Wasser ist etwa 24 Grad kalt oder warm, je nach Sichtweise und ziemlich sauber), gehen auf den Wochenendmarkt, können Wäsche waschen, schauen mit Freude Eishockey WM, machen am Abend schöne Bummel durch die Altstadt und kochen ausgiebig. Side kann man also durchaus für eine oder zwei Wochen Ferien von Zuhause aus in Betracht ziehen. Auch wer mal eine Brille benötigt bekommt hier für weniger als die Hälfte das gleiche wie in der Schweiz. Es kann sich also durchaus lohnen. Wenn man es noch mit einer Brustvergrösserung und einer Haartransplantation verbindet, ist die Türkei nicht zu schlagen...😜.
Aber wir haben ja Nomadenblut, und den Ort schnell über. Fahren also etwa 20 km auf einen anderen Campingplatz, der direkt am Meer liegt. Wir stellen uns auf einen der vier Plätze, haben nun tolle Aussicht aufs türkisblaue Wasser, sehen in der Ferne Drei- und Viermaster die mit Touristen Ausflüge machen und haben keine Liegestühle an unserem Strand. Dafür einen grossen Holztisch direkt vor unserem Indy, wo wir unsere grosse Türkeilandkarte ausbreiten können. Wir machen Pläne für die nächsten Wochen und freuen uns sehr. Die Türkei, die kann echt was! Nice!
27.5. - 3.6.25 Side - Antalya - Mount Chimaera - Kas - Kalkan - Fethiye
Ich war in den letzten Tagen etwas schreibfaul. Aber wir haben viel erlebt, Neues entdeckt, gut gegessen und Tinu hat wieder den vollen Durchblick. Beim Optiker in Side wurden letzte Anpassungen gemacht und auf einmal kann Tinu wieder das Navi lesen, ohne die Brille abzusetzen, kann das allerkleinst-gedruckte auf Packungen lesen und ist happy. So soll es sein.
Einen ersten Stopp machen wir in Antalya. Eine türkische Grossstadt, die dank ihrer Nähe zu den Stränden einen Aufschwung in der Gunst der Touristen erlebt. Allerdings sind es, wie wir später von Einheimischen erfahren, nur die Pauschaltouristen die eine Woche oder zwei "all Inclucive buchen" und dann auf einen Tagesausflug Antalya besuchen. Also nicht etwa Touristen, die Zuhause denken, oh wir könnten ja mal auf einen City-Tripp nach Antalya. Zudem habe sich die Klientel extrem verändert. Die Menschen hätten nur noch gerade Geld für die Pauschalreise, aber niemand gebe zusätzliches Geld für Restaurantbesuche, teure Ausflüge oder Dinge wie Brillen aus. Die ausgewanderten Russen treiben die zusätzlich Mietpreise nach Oben, so dass es für Türken unerschwinglich wird, Wohnungen zu finden. Also alles sehr schwierig, es hat überhaupt wenige und zudem noch weniger kaufkräftige Touris in der Region, obwohl eigentlich die Hauptsaison für die Reisenden ohne Kinder begonnen hat. Wir findens für uns gerade richtig. Die Örtchen sind nicht leer, aber man findet jederzeit einen guten Tisch in einem Restaurant und die Stellplätze oder Strände sind auch nicht überfüllt.
Antalya ist nett, aber wir verschwinden bereits am nächsten Tag wieder. Wir wollen zum Brennenden Berg - Mount Chimaera. Nach einer halbstündigen steilen Wanderung erreichen wir die kargen Felsen des Berges. Austretendes Erdgas lässt überall Flammen aus dem Boden schiessen, es ist heiss und rein theoretisch, wenn es denn erlaubt wäre, könnte man hier eine Wurst grillen. Ein schöner Ausflug und wir schaffen es gerade noch zum Indy, bevor das Gewitter über uns die Schleusen öffnet. Wir fahren noch 40 km bis zu einem fantastischen Strand, an dem wir fast alleine stehen und nur sehr netten Hundebesuch bekommen.

Wir besuchen die sehr hübschen Ferienorte Kas und Kalkan. Beides wunderschön restaurierte, direkt am Meer gelegene Dörfer, teuer teils grosse Yachten und Segler im Hafen, lauschige gepflasterte Gässchen und in allen Farben blühende Bougainvilleas die sich den Fassaden hoch ranken. Kalkan liegt zudem an den Hang gekuschelt - beides richtig schöne Badeorte mit glasklarem Wasser und kleinen Stränden, toll zum Flanieren und essen gehen. In Kalkan ist zum ersten mal alles in Pfund angeschrieben. Viele Engländer haben hier Appartements oder Ferienhäuser oder sind sogar ganz ausgewandert. Aber auch hier sind viele Restaurants schlecht besucht und die Geschäfte sind leer. Sehr schade.
Unser heutiges Ziel ist der See Salda. Er liegt auf über 1100 M.ü.M. und soll wunderschön sein. Wir verlassen also die gewundene Küstenstrasse mit ihrem wahnsinnig klaren Wasser, und machen uns auf den Weg in die Berge. Auch hier, grossartige Autobahn, oft vierspurig und mit wenig Verkehr. Es fühlt sich an wie Schwarzwald, wie wir da durch die Nadelbäume cruisen, die Luft wird langsam dünner aber der Himmel ist blau und nur wenige Wolken hängen zur Zierde am Himmel.
Der Salda Gölü ist mit 184 Metern der zweittiefste See der Türkei, ist leicht salzig und hat weder Zu-noch Abfluss und ist mit 44 km Umfang eigentlich recht klein. Seiner strahlend weisser Strände wegen, wird er oft als Malediven der Türkei bezeichnet. Und wirklich: das Magnesium-Granulat, welches anstelle von Sand den See zu grossen Teilen umgibt, ist schneeweiss. Erinnert uns ein bisschen an den Schaufensterschnee in den Geschäften bei uns im Winter. Das Wasser ist glasklar und der Strand leer. Im 2019 wurde der See zum Naturschutz- und Vogelbrutgebiet erklärt und unterliegt nun strengen Nutzungsbedingungen. Es gibt nur eine Ecke, wo ungestört gecampt werden darf, dort hat es auch ab und zu Picknickwillige oder Wohnmobile. Als wir dort ankommen, steht nur ein Belgier mit seinem Fahrzeug am Strand, wir sind begeistert. Was für ein wunderschöner See. Ab und zu kommt ein Hirte mit seiner Ziegenherde vorbei, und immer wieder besuchen uns grosse freundliche Hunde. Ein Traum - was für ein Bijou!
4.6.25 Salda Gölü
Der See gefällt uns so gut, dass wir noch einen Tag bleiben. Wir machen aber eine Runde um den 44 km langen See und sind begeistert. Es sieht viel besser aus als auf den Malediven - denn es hat keine Menschen an den schneeweissen Stränden, an den Hängen blühen Millionen von Mohnblumen, es ist wenig verbaut, hat aber doch einige neue Häuser. Als wir bei einem guten Brunnen Wasser tanken, kommen immer wieder Einheimische mit ihren Kanistern um diese ebenfalls zu befüllen. Ein alter Mann kommt auf seinem Mofa dahergebraust und spricht Tinu auf "fast Schweizerdeutsch" an. Er hat viele Jahre in Stäfa gelebt und kann daher etwas Deutsch. Er sagt, bis vor acht Jahren sei dieser See ein Idyll gewesen. Neuerdings werde gebaut, und es sei sogar ein Hotel mit hundert Betten geplant. Dies mitten im Naturschutzgebiet! Aber er meint, dass man hier nur die entscheidenden Amtspersonen schmieren müsse, und schon seien Bewilligungen kein Problem mehr. Sehr schade, denn der See ist absolut schützenswert. Heute haben wir am Strand sogar eine eierlegende Landschildkröte gesehen!
Wir fahren zurück zu unserem angestammten Platz wo man offiziell übernachten und schwimmen darf. Zwei Finnen sind schon seit gestern hier und der Belgier ist heute weiter Richtung Küste. Im laufe des Nachmittags kommen noch zwei grosse LKW's aus Frankreich. Wir setzen uns alle am Abend zusammen und witzigerweise kennen sich die anderen drei alle nicht, aber alle fahren nach Japan! Zwar auf unterschiedlichen Routen, mal über China, mal über Russland, mal über Thailand, aber immer irgendwie am Ende über Südkorea, Taiwan und Japan. Die einen wollen sogar dann von Singapur aus nach Australien verschiffen. Noch nie haben wir jemanden getroffen, dessen Ziel Japan war. Wir lassen das Ganze mal ein bisschen sacken, schauen uns mal die Weltkarte an - und sind ein bisschen angefixt. Mal überlegen, Hirn einschalten, Herz ausschalten, denn das sind viele viele Kilometer auf sehr schlechten Strassen... Und mein Kopf will vielleicht mehr als meine Schrauben im Rücken? Aber an diesem See kommt man auf Ideen....
5.6.25 Pamukkale
Unter Protest (also meinem) verlassen wir den wunderbaren Salda Gölü. Wiederum durch fantastische Mohnfelder, Feigenbäume, Baumnuss- und Olivenbäume, Zwiebel- und Knoblauchäcker, reife Weizenfelder und wunderschöne Pinienwälder verlassen wir die Höhe und begeben uns langsam auf Meereshöhe. Die Temperatur steigt von 21 auf 35 Grad, phuu das hatten wir länger nicht mehr. Unterwegs halten wir auf einem der Märkte und decken uns mit frisch geernteten Gemüsen und Früchten ein. Für 8 CHF bekommen wir drei Tüten voller Geschmack und Süsse und fahren weiter ins weit über die Landesgrenzen hinaus berühmte Pamukkale (Baumwolle).
Den Namen hat Pamukkale für die weissen Kalkterrassen bekommen, die aussehen als wären sie aus Baumwollblüten. Leider sind die ehemals Wasser gefüllten Becken trockengelegt. Dies liegt vor allem an der starken Beschädigung des empfindlichen Kalksteins durch badenden herumtrampelnde Touristen. Zudem leiteten die Hotels in der Vergangenheit das Badewasser der Pools über die Terrassen ab, was die Wasserqualität negativ beeinflusste. Offenbar gibt es aber Bemühungen die Terrassen zu sanieren und in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen. Jetzt gibt es ein paar künstliche Becken mit dem Thermalwasser, aber bei 38° reizt uns das warme Wasser nicht gerade...Aber abends, wenn die Terrassen bunt beleuchtet werden, sieht es ein bisschen aus wie bei uns ein Nachtskilift, und die Scheinwerferbatterien wie Pistenbullis. Nett aber für uns nicht unbedingt en Muss. Morgen geht es für uns weiter.
6.- 9. 6.25 Hidirbeyli Göleti - Lucien Arkas Balgari Weingut - Sevisler Gölü
Immer weiter auf dem Weg nach Istanbul übernachten wir an zwei wirklich wunderhübschen kleinen Seen. Heute und die nächsten vier Tage wird in der Türkei das Fest Eid gefeiert, das Opferfest, welches wir schon in Jordanien erlebt haben. Es ist Tradition ein Tier zu schlachten, das Fleisch mit allen zu teilen und mit vielen Familienmitgliedern zusammen sein. Der höchste Feiertag für Muslime. Fast alle haben frei. Genau wie bei uns sind an den schönen Orten viele Familien unterwegs, die Strassen Richtung Küste sind verstopft, alle sind in Bummel- und Einkaufslaune. Wir haben keinen Bock auf Menschenmassen und halten uns deswegen an kleine Orte und kleine Seen. Und dort sind wir tatsächlich fast alleine. Mal mit Störchen und vielen Fröschen, mal mit total netten Hunden und Pelikanen (ja die gibts hier tatsächlich!).
Zwischendurch machen wir Halt an einem der wenigen Weingütern der Türkei. Das Weingut von Lucien Arkas, nur kurz vor der Küste bei Izmir, ist wunderschön gelegen, mitten im Grün von Oliven- und Feigenbäumen, Granatapfelbüschen und Oleander, Zitronenbäumen und natürlich Trauben. Wir geniessen das beste Essen seit langem und vorzüglichen Wein und dazu eine grossartige Aussicht. Offenbar wurde in dem Weingut in letzter Zeit sehr viel Geld in ein Eventlokal, Bungalows oder Hotelzimmer und Kinderspielplatz investiert, alleine der Garten ist wunderschön - und genau da dürfen wir übernachten. Perfekt.
9.6.25 Bursa
Nur ein kurzer Hüpfer über etwa 60 km Autobahn führt uns in die alte Metropole an der Seidenstrasse, Bursa. Heute Universitätsstadt und mit 3 Mio. Einwohnern drittgrösste Stadt der Türkei, war sie im 14. Jahrhundert ein wichtiger Umschlagplatz für Baumwolle und Seide. Heute sind die beiden Stoffe immer noch wichtigstes Erzeugnis der Region, und auf dem fantastischen Markt in der Altstadt, gibt es die edlen Materialien in jeder Form und Farbe zu unschlagbar günstigem Preis. Hier sucht man chinesische Ware vergebens, der alte Bazar ist aus unserer Sicht einer der schönsten der ganzen Türkei.
So bummeln wir also den ganzen Rest des Tages durch wunderschöne Gassen, über den gepflegten Gemüsemarkt, durch die gepflegten Innenhöfe und erstehen Datteln, Baumnüsse und Gemüse für die nächsten Tage. Immer wieder Balsam für die Sinne!
10.6.25 ISTANBUL
Gegen Mittag verabschieden wir uns also von den jungen Büsis, die rings um unser Auto Quatsch machen. 160 km Mautautobahn bringen uns den Unfällen, Staus und dem Grossstadtverkehrschaos von Istanbul näher. 16 Millionen Einwohner brauchen unwahrscheinlich viele Güter - entsprechend viele LKW's sind unterwegs, zwei grosse Seehäfen bedienen Schiffe mit irre viel Material - welches ebenfalls von LKW's gebracht werden muss, und viiiiiiele Menschen pendeln von und nach der grössten Stadt in der Türkei. Irgendwo dazwischen sind wir, versuchen irgendwie Tinus Organic Map und mein Google Map in Einklang zu bringen, aber mal zeigt das eine eine Ausfahrt eher an und manchmal das andere eine zu spät. Grossstadtwirrwar total, aber immerhin nicht Teheran. In Istanbul gab es bis vor kurzem einen super guten Stellplatz beim Fussballclub Atletico. Zentral gelegen, man durfte die Duschen benutzen, eine Waschmaschine stand zur Verfügung. - aber leider ist der jetzt geschlossen worden. Ob temporär oder für immer, wir wissen es nicht - Fakt ist, wir brauchen eine Alternative.
Da wir von "Asien" herkommen, versuchen wir unser Glück hinter dem alten Bahnhof des Orient Expresses. Wir haben gelesen, dass die dortige Polizei über einen grossen Platz verfügt, auf dem sie abgeschleppte Fahrzeuge von Falschparkierern lagern, und der so gross sei, dass sie manchmal auch Caravans zum Übernachten tolerieren. Wir kommen also nach schweisstreibenden Kilometern durch die Stadt dort an und werden nett von einem Wachmann begrüsst. Natürlich können wir hier stehen. Die Nacht kostet 10 Stutz, Wasser und Strom inklusive und nur wenige Fussminuten weg von der Fähre die alle paar Minuten zum europäischen Teil der Stadt ablegt. Und sowas von gut bewacht!
Nach einer kurzen Siesta bummeln wir also los, zum Fähranleger über den Bosporus. Nur einige Minuten später legen wir ab und sind eine gute Viertelstunde später in Eminönü, direkt vor dem grossen Bazar. Wir müssen als erstes zu Tinus persönlichem Lieblingskaffeeshop. Schon mal
500 gr. gekauft, somit sind die nächsten Wochen mit bestem Mocca abgedeckt. Kurz darauf kommen Zweifel auf, ob das wohl reicht? Neee, vielleicht gehen wir morgen nochmal vorbei, braucht ja nicht viel Platz. Nun brauchen wir eine Schneiderei oder einen Näher. Wir haben Stoff aus dem wir Kopfkissen fürs Bett genäht haben wollen. Wir bummeln also etwas abseits der Touriströme in die Gassen der Handwerker und Tinu fragt wahllos einen der Ladeninhaber ob er uns eine Schneiderei empfehlen könne. Der schaut zwei Etagen über seinem Geschäft an der Fassade hoch und meint, naja da oben. So ein Glück! Er bringt uns zur Lobby, ruft nach dem ihm offenbar bekannten Schneider und durch den Innenhof erklärt er ihm wohl, dass da zwei Fremde was genäht haben wollen. Wir erklimmen also die diversen Treppen und betreten ein etwas heruntergekommenes Atelier, mit allerlei Nähmaschinen, Stoffen und Nähkrimskrams. Wir erklären per Google Translate die Situation und nach entsprechendem Infoaustausch über Preis (7 CHF) und Zeitaufwand (wir können direkt drauf warten) harren wir der Dinge die da passieren. Flux sind fünf Kissenbezüge aus unserem Stoff genäht, genau so wie wir sie wollten, die kleinen Scheine wechseln die Besitzer und alle sind zufrieden.
Auch jetzt, nachdem wir in den letzten Monaten so viele fantastische Bazare und Souqs gesehen haben, gehört Istanbul zu den allerschönsten. Natürlich ist viel Kram für Touris dabei, und natürlich ist nicht alles aus heimischer Produktion, aber das Gebäude aus dem 14. Jahrhundert mit seinen rund 4000 teils winzigen Geschäften ist grossartig in Schuss, man wird nicht von den Verkäufern belästigt oder zum Kauf genötigt, und auch wenn man sich was zeigen lässt, und es dann trotzdem nicht kauft, macht keiner ein Fass auf. Die ganze Altstadt ist eine Entdeckungsreise für sich und man findet immer wieder neues und interessantes. Braucht man mal ein Päuschen, setzt man sich einfach ans Wasser mit einer Tüte Marroni in der Hand oder einem Glas kühlen irgendwas, schaut den Fähren zu und beobachtet Frachter und Kreuzfahrtschiffe. Heute liegen deren drei im Hafen. Von der kleinen Silver Whisper über die grosse Nordam - alles da.
11. & 12.6. Noch mehr Istanbul
Uns gefällt die Stadt. Wir lassen uns treiben, entdecken für uns komplett neue Viertel, gehen nochmal beim Schneider vorbei, der mir flux Ärmel von einer Iran-Bluse kürzt, essen Street-Food, kaufen dies und das an Vorräten, suhlen uns schon ein wenig in Reise-Ende-Fernweh und planen unsere Weiterfahrt nach Bulgarien und Rumänien. Wir wohnen ja diesmal auf der asiatischen Seite des Bosporus und wollen daher die Gelegenheit nutzen, diese Viertel abends zu erkunden. Tinu hat gelesen, dass die Renitenten, Aufmüpfigen, etwas Anderen und sowieso die Liberalen vom europäischen Teil Istanbuls hierher nach Kadikoy gezogen sind, weil offenbar vieles hier unter dem Radar der Regierung durchgeht. Vielleicht haben die in der obersten Etage noch nicht gemerkt, dass sich da eine Subkultur bildet, die nicht sehr regierungstreu ist und vielleicht wird es auch einfach geduldet.
Auf jeden Fall tanzt nur etwa 10 Minuten vom Stellplatz entfernt der Bär. Aber so richtig. Beiz an Beiz, Menschen die den lauen Abend auf kleinen Terrassen geniessen, Hippe Läden mit Brands von denen wir noch nie gehört haben, kleine Kunstateliers, es wird gekifft, Alkohol getrunken und gefühlt sind alle auf der Gasse - und dies am Mittwoch. Gefällt uns super, und ich glaube wir waren die einzigen nicht Türken...
Die letzten Impressionen...
Türkei: Total 13 Wochen / 6800 km
Fazit Türkei: Wir überlegen gerade, was wir an der Türkei so lieben. Und wir finden heraus:
A L L E S !

Teil 1





















































































































































































































































































