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Back in the USA

25.8.17

 

New Orleans

 

Die Stadt ist eigentlich recht nett. Vieles kann zu

Fuss erreicht werden ansonsten gibt es die praktischen

alten Street Cars, bei uns Tram genannt. Sie fahren den Riverwalk entlang und verbinden viele Sehenswürdigkeiten, oder fahren einem für wenig Geld von A nach B. Das berühmte French Quarter ist voller Läden, Restaurant und Bars. Auch am Tag wird auf den Gehsteigen Blues, Jazz und Dixie gespielt. Es ist unglaublich heiss und ich besuch jeden T-Shirt Laden - nicht unbedingt weil die Auslage so verlockend ist, aber jeder hat eine Klimaanlage oder zumindest grosse Ventis. Nice.

 

Allerdings ist die Freude getrübt. Hurrikan Harvey stürmt mit Windgeschwindigkeiten bis 200 km/h vom Golf von Mexiko auf die Küste zu. Den ganzen Tag werden im TV Breaking News gebracht. Um Houston/ Texas waren den ganzen Tag über 200 Ambulanzen im Einsatz um Spitäler und Altersheime zu evakuieren, Sandsäcke werden zu tausenden verteilt, die Menschen aufgefordert die Region zu verlassen. In Tankstellen und Lebensmittelläden herrscht Ausverkauf. Das Besondere an Harvey: normalerweise verliert ein Sturm, sobald er auf Land trifft innerhalb einer Stunde seine Stärke. In der momentanen Wetterlage erwarten die Meteorologen, dass sich der Sturm für volle drei bis vier Tage nicht aus der Region wegbewegt oder abschwächt. Es werden sieben (!) Meter hohe Wellen an der Küste erwartet und sehr starker Regen soll bis Mitte nächste Woche zusätzlich unglaublich viel Wasser bringen, was aussergewöhnlich ist. Vor Kurzem wurde die Stärke des Hurrikans von Stufe 3 auf Stufe 4 erhöht. Was die zweithöchste überhaupt ist. Es soll der stärkste seit Katharina in 2005 sein. Da noch nicht klar ist, in welche Richtung der Sturm nächste Woche abdreht, werden Warnungen ebenfalls für Louisiana herausgegeben.

 

Als ich vorhin in der Stadt war, haben die ersten bereits begonnen, Sandsäcke zu verteilen. Es ist ziemlich beängstigend, aber ich hoffe, dass New Orleans diesmal verschont wird. Irgendwie kann ich gar nicht aufhören, den Spezialkanal einzuschalten. Es ist gleichzeitig unglaublich erschreckend und faszinierend was da abgeht.

25.8.17

 

Portland - New York

 

Tinu ist, derweil an der Küste der Sturm tobt, über 500 km von Portland nach New York City gefahren. Er kommt gut voran, braucht dann für die letzten 10 km durch die Stadt über zwei Stunden. Viele Blechschäden hätten die Strassen total verstopft. Er kommt dann aber gut bei dem toll gelegenen Stellplatz für Wohnmobile an. Nur eine Fahrt mit der Fähre vom Zentrum entfernt, eignet sich dieser Platz super um die Stadt zu erkunden und ruhig zu übernachten. Mehr weiss ich leider nicht, die W-Lan Götter machten Pause.

 

 

 

26.8.17

 

In New Orleans kann man ja des nachts viel erleben. Ist doch klar. Ich geh also irgendwann schlafen, alles ist ruhig, und auf einmal plärrt aus dem Lautsprecher direkt neben meinem Ohr  eine Stimme vom Band:

 

„This is an emergency. Leave the building immediately. Do not use the elevator but the emergency stairs. This is an emergency…“ 

 

WAS!?!? Hat Harvey uns bereits erreicht? Meine Wecker zeigt 00:30 Uhr und ich träume definitiv nicht. Rasch hüpf ich in meine Jeans, T-Shirt an, Handtasche, Natel und Pass einpacken, Sonnenbrille und Wasserflasche (Emergency-Drills auf Schiffen prägen offensichtlich…)…und raus in den Korridor im 6.Stock. Der Korridor ist schon gut bevölkert, viele sind in den Pijamas, einige haben schlafende Kinder auf den Armen - wir alle strömen zum Treppenhaus. Immer noch dröhnt die nervende Stimme aus den Lautsprechern: „This is an emergency. Leave the building immediately….

 

Als ich etwa den 2.Stock erreiche, kommen die ersten Hotelgäste bereits wieder in die andere Richtung. Es handle sich um falschen Alarm, ein Sprinkler sei losgegangen, weil irgendwo ein Idiot im Zimmer geraucht habe. Kann das sein? Würde das ganze Hotel wegen einem Zimmer evakuiert? Ich weiss es nicht. Aber mir reicht die Auskunft von ein paar verschlafenen Gestalten nicht aus, um in Ruhe weiter zu schlafen. Ich verlasse durch die volle Lobby das Hotel und geh vor den Haupteingang. Auch da viele Menschen in Pijamas, leider keiner vom Hotel, von uns weiss keiner Bescheid, keiner gibt uns Auskunft.

Etwa eine Viertelstunde nach dem ersten Alarm kommt dann tatsächlich auch noch ein Löschzug.

 

Die Feuerwehrmänner steigen total relaxed aus, und machen sich auf die Suche nach der Ursache. Nochmal eine Viertelstunde später sind es bereits sieben Löschzüge, wir staunen.

Ich geh mal wieder in die Lobby um was zu erfahren, erst da seh ich, dass über der Bar und der Theke ein wahrer Wasserfall von der Decke niedergeht. Ups, da ist vielleicht doch ein Sprinkler angegangen? Während keiner von uns News erfährt, macht die Nachtreceptionistin seelenruhig das Check-in einer ganzen Gruppe die soeben angekommen ist. Strange. Als das Check-In abgeschlossen ist, frag ich das Girl, ob man wieder ins Bett gehen könne?! „Ach so, jaja es sei sicher“. Kein „sorry“, oder irgendwas, sie macht einfach weiter mit Daly Business. Kein Manager on Duty weit und breit, keine Information NADA! So geht das aber auch nicht, liebe Mitarbeiter vom Hilton Garden Inn.

 

He nu, ich geh auf jeden Fall gut eine Stunde nach dem unsanften Erwachen, wieder ins Bett und schlafe selig wieder ein…

28.8.17

 

Tinu hat nach New York Halt in Washington gemacht, und sich dort nochmal mit Daniel, der ebenfalls auf der Fähre war, getroffen. Daniel hat Tinu in eines seiner Lieblingsrestaurants gebracht, und ihm erzählt, dass es ihm an der Grenze ganz ähnlich gegangen ist. Er lebt zwar als Polit Professor schon seit acht Jahren in Washington, ist im Besitz der Green Card, und dennoch wurde er an der Grenze mit Fragen zerpflückt. Dies ist offenbar ganz „normal“ an den Grenzen in die Staaten. Nett. Die zwei verbringen einen vergnüglichen Abend und Tinu darf direkt in der kleinen Seitenstrasse bei Daniel ruhig übernachten.

 

Daniel empfiehlt ihm die Strecke durch die Appalachen anstelle der über Atlanta zu nehmen. Schöner und weniger Verkehr. Tinu kommt also gut voran und übernachtet bei Walmart in Roanoke (Virginia), nach einem Fahrtag durch Wälder und Farmland.

 

Gleicher Tag bei mir in New Orleans:

 

Ich mag die Stadt. Sie hat einen eigenen Charme und ist nicht vergleichbar mit den sonst immer gleichen Grossstädten der USA. Die Menschen sind nett, neuerdings bin ich nicht mehr „Mi Amor“ wie in Südamerika, oder „Love“ wie in den restlichen Staaten, nein in New Orleans bin ich „Sweetheart“ oder „Shuger“. Sympathisch!Ich entdecke viele schöne Ecken, interessante Strassen, tolle Boutiquen, schöne Galerien und gute Musik. Das absolute Highlight für mich sitzt in der Royal Street. Sie ist die absolute Queen der Strassenmusiker und macht aus einem grossartigen Tag einen New Orleans Tag!

 

Doreen Ketchen - The House of the Rising Sun. Check it out!

Schade, Tinu und ich werden die Stadt nicht zusammen erkunden. Wir haben beschlossen, dass ich bereits morgen aus New Orleans nach Dallas ausfliege und er wieder auf der Route 66 fährt, um über Nashville und Memphis Dallas zu erreichen. Bei uns braut sich was zusammen, und für Mittwoch werden 50 Liter Regen auf den Quadratmeter erwartet. Hochwasser ist vorprogrammiert.  

 

Auch wenn wir das Unwetter vielleicht in New Orleans oder der Region aussitzen könnten, die Strassen entlang der Küste, die wir nehmen müssten auf dem Weg nach Mexiko, werden über Wochen nicht passierbar sein. Brücken und ganze Strassenteile sind weggespült, das Wasser im Grossraum Houston steht zum Teil hüft- oder sogar brusthoch. Mindestens vier Tage wird es noch regnen, also wird die Lage schlimmer werden und sich bestimmt nicht entspannen, denn viele Flüsse im Raum Houston werden in der nächsten Zeit noch über die Ufer treten. Zudem baut sich östlich über Florida ebenfalls ein Hurrikan auf, wir sind also hier mittlerweile ziemlich in einer ungemütlichen Lage. Somit haben wir beschlossen das Ganze grossräumig zu umfahren. Schade. Nach New Orleans werden wir bestimmt nochmal gemeinsam zurückkehren und ich hoffe, dass die Stadt diesmal vom Gröbsten verschont wird.

29.8.17

 

New Orleans

 

Gestern Abend habe ich hin und her überlegt, ob ich lieber am Dienstag auszufliegen versuche oder doch alles bis zum Mittwoch verschiebe. Am DI ist die prognostizierte Wassermenge grösser (ca. 50 lt auf den Quadratmeter) und am MI ist der Sturm stärker (80 Meilen/h und dann noch die Böen). Guter Rat ist teuer. Tinu, der es mittlerweile bereits nach beautiful Nashville geschafft hat, meint ich soll bis am Morgen mit der Entscheidung warten, vielleicht ergebe sich dann alles von alleine.

 

Als ich am Morgen erwache, ist die Sicht aus meinem Fenster etwa 50 Meter, vom riesigen Kreuzfahrtschiff im Hafen seh ich nur noch den bunten Kamin - es ist offenbar am Abend auch nicht ausgelaufen. Auf der Strasse bilden sich erste grössere Pfützen, die sich langsam zu kleinen Seen zusammenschliessen. Aber vor allem schüttet es wie aus Kübeln. Im Moment weht zumindest noch kein starker Wind, aber der soll ungefähr ab Mittag einsetzen. Mein Flug geht um 1:45 Uhr…

 

Mittlerweile spricht der Bürgermeister von New Orleans im TV und warnt die Menschen vor einer neuen Katastrophe. Im Golf von Mexiko, liegen seit mehreren Tagen Kreuzfahrtschiffe und warten darauf ihre Passagiere wieder an die Küste bringen zu können. Oel Plattformen wurden evakuiert und an Land wurden Raffinerien geschlossen. Der gefallene Regen entspricht gemäss Weather Channel, dem Trinkwasserverbrauch des ganzen Bundesstaates Texas von 5 Jahren (30 Mio. Einwohner). Und dies seit Freitag, es sollen aber noch mehrere Tage Regen folgen.

 

Ich denke mir, wenn sich das Wasser bis morgen sammelt, gibt es überhaupt kein Entkommen mehr. Es ist noch früh am Morgen, als ich beschliesse sofort alles zu packen, auszuchecken und zu versuchen irgendwie zum Flughafen zu gelangen. Vielleicht gibt es ja sogar einen früheren Flug. Falls ich in New Orleans stecken bleibe, kann ich ja wieder zurück ins Hotel, ich habe eh noch eine Nacht bezahlt - somit wäre jedenfalls ein Zimmer frei.

 

Ich bezahle meine Rechnung am Desk, als mich in der Lobby eine dunkle Frau anspricht, ob ich zum Flughafen müsse. Sie biete einen „privaten“ Taxiservice für den gleichen Preis wie normale Cabs an. Sie ist sympathisch und hat einen Landrover, der natürlich höher gelegt ist als normale PW’s, was mir sicherer erscheint. Ich sage zu, und frage sie, ob sie denkt, dass wir’s noch zum Flughafen schaffen, bevor die Highways geschlossen werden. Sie meint, sie hoffe es, als gerade ihr Wetteralarm auf dem Mobiltelefon bimmelt. Nicht gut! Wir fahren los und sie erzählt mir vom Desaster in New Orleans in Sachen Vorbereitung auf Naturkatastrophen. 

 

Denn genau heute vor 12 Jahren hat Hurricane Katrina die Küste bei New Orleans verwüstet. Es sei unglaublich viel Geld für Massnamen zu Verhinderung einer erneuten Katastrophe gesprochen worden. Zum Beispiel gibt es in der Stadt und Umgebung 65’000 Becken, durch die das überschüssige Wasser ablaufen sollte. Davon würden aber nur noch knapp 1000 unterhalten. Von den vielen industriellen Generatoren die die Pumpen bedienen sollten, seien viele wegen schlechter Wartung ausgefallen. Gestern seien in den „Home Depots“ (etwas wie Heim & Hobby), die kleinen erste Hilfe Generatoren alle von den Angestellten des Tiefbauamtes aufgekauft worden, und nun hätten die Privaten keine mehr zu kaufen. Sie sagt es in resigniertem Ton - tja, die Politiker hätten wohl Anderes mit dem vielen Geld anzufangen gewusst.

 

Halb fahren wir, halb schwimmen wir zum Flughafen. Es ist immer noch dunkel wie nachts, obwohl bereits neun Uhr ist. Ich verabschiede mich von ihr, und die neue Grussformel in New Orleans, die jeder sagt, ist nun „stay safe“. Ich begebe mich direkt zum American Airline Schalter und frage, ob sie mich auf einen früheren Flug umbuchen können. Ja, kann sie, allerdings kostet das 75 U$. Mein Flug hat 80 U$ gekostet. Aber hei, ich will weg hier, und hab bereits für die Fliegerei und die Hotels so viel Geld ausgegeben, dann soll es mir auf das auch nicht ankommen. 

Genau eine Stunde später geht mein Flug und dies sogar fast pünktlich. Es ist total ruhig im Flieger. Allen ist die Anspannung ins Gesicht geschrieben, wie wohl dieser Flug wird, sollten wir denn wirklich starten. Doch, wir rollen und auf der Startbahn sieht es gut aus. Die Seen bilden sich allerdings bereits am Rand des Asphaltbandes und es schüttet weiter wie aus Kübeln. Der Pilot bekommt die Kiste tatsächlich in die Luft, die Flugbegleiterinnen bleiben angeschnallt und es wird ruppig. Die ganze Strecke über, kommen wir immer wieder in raues Wetter, aber wir sind weg. Ich bin mega happy. Als wir Dallas immer näher kommen, klart sich der Himmel auf und auf einmal sehen wir Grund. Keine Wolken, kein Regen, keine Böen. Blue Sky in Dallas!

 

Ja, ich hatte am Ende Glück. Es tut mir wahnsinnig leid für diese wirklich sehenswerte Stadt und die netten Menschen. Hoffentlich geht’s für New Orleans diesmal glimpflich aus. Die Situation in und um Houston wird noch viele Monate desaströs sein. Viele die fürs Erste in Shelters untergekommen sind, sind zwar über die erste Rettung erleichtert. Aber viele von ihnen sind verzweifelt. Sie sagen: „after that I have nowhere to go“ - einfach weil alles was sie einmal besassen, nicht mehr existiert. Der Polizeichef weint bei der Pressekonferenz 

als er den Tod eines Polizeioffiziers meldet, der auf dem Weg zur Arbeit in seinem Truck ums Leben gekommen ist, weil er durch tiefes Wasser musste, um zu helfen. Die Hilfskräfte sind seit Tagen 24 Stunden im Einsatz, retten Menschen, Spenden Blut, retten Tiere und erleben immer wieder neue Tragödien. Die Situation ist bestürzend...

29.8.17 - 6.9.17

 

Dallas - Fort Wort - Lake Whitney State Park

 

Ich bin also ziemlich erleichtert in Dallas zu sein. Mein Hotel ist toll und heute sollte Tinu auch ankommen. Mein Held ist ja nach dem netten Grenzübertritt in den letzten Tagen 3500 km gefahren, quasi quer durch die Staaten. Und tatsächlich, so gegen 16:00 Uhr kommt er an. Gut wieder zusammen zu sein. Alleine reisen ist total doof! 

 

Nach dem wir am Abend im Restaurant Aspen, gleich um die Ecke, mit superfeinen Steaks vom Holzgrill unser Wiedersehen gefeiert haben, machen wir uns heute auf, Dallas zu entdecken. Wir tuckern mit dem Zügli ins Zentrum und kommen zuerst direkt zum Dealey Plaza, wo 1963 Präsident Kennedy erschossen wurde. Eine alte Limousine steht da um fotografiert zu werden, es werden sogar immer noch Zeitungen von damals verkauft, als die Nachricht des Attentats vermeldet wurde. Verschwörungstheoretiker sagen ja immer noch, dass der Schuss aus dem Haus   direkt am Plaza aus dem 6. Stock abgefeuert wurde, und dass Oswald später auf Videos, zum Zeitpunkt des Schusses am Strassenrand gesehen wurde. Wir werden es wohl nie erfahren…

 

Ansonsten ist Dallas wieder einmal eine amerikanische Stadt, die einfach für Fussgänger ungeeignet ist. Wir sind auch weit und breit die einzigen. Alles liegt weit auseinander, im sogenannten Art District gibts eigentlich nur ein zwei Museen, Läden hat es fast keine weil die in die grossen Shopping Mails ausserhalb gezügelt sind, toll sind aber die alten Street Cars, die man umsonst benutzen darf. Man wartet zwar ziemlich lange bis die Tram angeruckelt kommt, dann macht es aber Spass. Für einmal ist dieses Fortbewegungsmittel nicht klimatisiert, sondern hat Fenster die sich öffnen lassen. Toll. Wir bleiben ziemlich oft in den Strassen „stecken“, weil vor Tankstellen die Autoschlangen bis weit in die Strasse reichen. Wir fragen uns schon, was denn los ist, als uns jemand sagt, dass Benzin-Knappheit herrsche. Die Tanker die vor der Küste vor Houston liegen, können offenbar nicht ablegen um zu löschen, weil immer noch Chaos herrscht, und aus den anderen Bundesstaaten klappt die Verteilung noch nicht. Die eine Tankstelle im Stadtzentrum hat am heutigen Tag die Preise angepasst. Bis am Morgen war Benzin die Gallone noch 2.29 jetzt am Nachmittag ist sie bereits 3.59! Krass. Die Amis fahren unglaubliche Spritfresser, aber für uns zum Glück fast nie Dieselfahrzeuge. So bekommen wir bereits bei der ersten Tankstelle die wir anfahren 100 Liter Diesel zum normalen Preis. Sehr gut. Die Säulen mit Benzin sind nämlich mit einem „Sorry“ Schild zugedeckt. Damit kommen wir schon bis Mexiko!

Wir fahren nach Fort Wort, etwa 40 km westlich von Dallas. Dallas und Fort Worth sind sich so ähnlich wie ein Yuppie im BMW und ein Viehzüchter im Pickup. Die beiden Städte bilden zusammen eine 6 Mio. Einwohner zählende, gigantische Megastadt. Die dortigen Cowboy- und Wildwest-Attraktionen und Museen sind wohl das bestgehütete Geheimnis des Bundesstaates. Wir fühlen uns so richtig im wilden Westen. Jeans, Boots und Stetsons gehören zum ganz normalen Strassenbild, ab und zu sieht man eine Postkutsche oder einen Planwagen. Unglaublich begeistert sind wir von den hiesigen Longhorns. Grossartige Tiere. Eigentlich möchten wir am liebsten unserem Lieblingsbauern von Niederglatt vorschlagen, ein paar solche Tiere anzuschaffen. Also lieber Albert: falls du diese Zeilen liest; schau dir die Longhorns mal an. Wäre es nicht wunderbar, beim Flughafen über die Felder zu streifen und ein paar dieser tollen Tiere beobachten zu können😍? Oder mögen die vielleicht gar keinen Winter? Wir wissen es leider nicht…

 

Am Abend streifen wir durch die vielen Saloons mit Live Musik, hören Country und Honky Tonk, bewundern grossartige Harleys auf den Strassen und schwitzen endlich nicht mehr. Während es am Nachmittag um 38° Grad ist, fällt es in der Nacht auf ungefähr 30°. Viele Menschen sind unterwegs, es ist Labor Day. Die Schulferien, die von Memorial Day im Mai, bis zum ersten September Wochenende dauern, gehen jetzt mit einem verlängerten Wochenende zu Ende.

 

Es gefällt uns super hier, deshalb bleiben wir noch eine Nacht. Wenn wir mal beim Ländy sind, kommen immer irgendwelche zum plaudern. Abgesehen davon, dass sie es toll finden. dass wir in Texas sind, legen sie uns den Billy Bob’s ans Herz. Im angesagtesten Musik-Rodeo-Billard-Tanz-Treffclub von Worth Worth spielt heute Jamey Jones. Er ist der Country Star von Texas. Unser wirklich riesiger Parkplatz füllt sich rasch, die Texaner bummeln aufgebretzelt mit Stetson und Boots, die Mädels in Blingbling Jeans und frisch blondiert und natürlich ebenfalls Boots in Richtung Ortszentrum. Ein Mädel, Sandy, parkiert neben uns und wir erkennen die Stimme wieder. Sie hat letzte Nacht, als wir bereits im Bett waren, mit ein paar Freunden über unseren Ländy und die Reiseroute diskutiert. Sie heisst uns herzlich willkommen in Texas, und empfiehlt uns ebenfalls das Konzert vom Jamey. Sie sei Door-Girl im Billy Bob’s und würde uns gerne einladen. So können wir am Abend das Ticket Office direkt umgehen und uns bei Sandy melden. Sie stellt uns all ihren Kollegen als Freunde aus der Schweiz vor, wobei die meisten glaube ich, nicht wissen wo das liegt. Egal, alles sind sehr nett, und als wir in den riesigen Club/ Salon kommen, sind wir bestimmt die einzigen Touris aus Übersee. Wir pöschtelen uns ein Bierchen und schauen uns zuerst ein paar Lokalmatadore der Rodeo Szene an. Die Stiere sind schlecht gelaunt wie immer und versuchen möglichst rasch die Reiter abzuwerfen, was ihnen auch gut gelingt. 

 

Später füllt sich der riesige Raum vor der Bühne, pünktlich erscheint Jamey Jones mit seinen acht Musikern und beginnt das Konzert. Die Stimmung ist hier anders als bei uns in der Mühle Hunziken oder im Bierhübeli. Hier wird still genossen. Fast nach keinem Stück gibt es Applaus, und der Musiker spricht seine Fans auch nie an. Er spielt einfach seine Songs und das Publikum hört zu. Wir finden's gemütlich in Texas!

Für uns geht es weiter in den Lake Whitney State Park. Von Fort Worth erreichen wir den schönen See nach etwa 120 km, der genau auf unserer Strecke an die mexikanische Grenze liegt. Grosse Umwege möchten wir nämlich nicht machen, damit mein Rücken dann die Zeit in Mexiko gut übersteht. Es ist Sonntag des verlängerten Wochenendes und wir sind ein bisschen in Sorge, dass alles belegt sein könnte. Zudem haben die State Parks allen freien Zutritt gewährt, die Opfer von den Unwettern in Houston geworden sind. Aber als wir ankommen, hat es viele Plätze direkt am See frei, super. Bei neuerdings über 40° kann ein bisschen Wasser in der Nähe nicht schaden. Der Platz ist gut, hat sogar einen Feuerring und einen Picknicktisch - und direkten Zugang zum etwa 30° warmen Wasser. Hier werden wir bestimmt drei Tage bleiben.

6.9. - 12.9.17  

 

Austin - San Antonio

 

Vom tollen Lake Withney fahren wir weiter südwärts in Richtung Austin. Eigentlich haben wir von amerikanischen Städten genug, allerdings ist in der Hauptstadt von Texas immer am ersten Donnerstag im Monat offenbar mächtig was los, also heute. Wir durchqueren zügig das Businesszentrum der Millionen Stadt und begeben uns auf die Suche der Gegend um die South Comfort Street. Bei einer der unzähligen freien Kirchen, finden wir einen perfekten Parkplatz auf dem wir auch übernachten dürfen. Und wirklich; Beizli reiht sich an Beizli, ein kleiner Künstlermarkt ist geöffnet, Foodtrucks bieten ihre duftende Ware an, tolle Westernläden und allerlei Krimskramsläden sind offen, ab und zu spielt irgendwo eine Liveband - super. Wir werden vom Duft frischer Pizza in ein einfaches sympathisches Lokal gelockt, und essen wieder mal richtig supergut italienisch😜.

 

…und wir entdecken den Stiefelladen schlechthin. Ein Traum aller Bootslovers, in meiner Grösse gibt es etwa 100 Paar. Ich würde mich am liebsten häuslich einrichten, aber leider haben die Guten nur „Probiersocken“ in Grösse 45. Also rasch zum Ländy und die Objekte der Begierde nochmal anprobieren. Ja, sie sind bereits bequem wie Pantoffeln und haben bestimmt schon ganz lange auf mich gewartet. Sogar Tinu wird fündig und entscheidet sich nach einer langen Auswahlphase für seinen Traum in Leder. Perfekt. Darauf hatten wir uns bereits zu Hause gefreut. 

 

Wir schlafen gut und ruhig in der Nacht, nur von Weitem hören wir leise Livemusik und riechen den Duft von neuem Leder im Ländy! Cool!

Am Morgen machen wir uns auf zum State Park McKenny Falls. Auch hier wollten wir ein paar Tage bleiben, allerdings ist der für „normale“ Reisende geschlossen und nimmt momentan nur „Flüchtlinge“ des Hurricane Harvey auf. Für uns blöd, aber eigentlich ja gut, denn einige die kein Heim mehr haben, haben vielleicht die Möglichkeit auf einen Trailer zurück zu greifen.

 

Wir suchen also weiter nach einem guten Platz, was sich als eher schwierig herausstellt. Am Ende erreichen wir bereits San Antonio, nur noch 250 km von der mexikanischen Grenze entfernt. Diese Stadt gilt als charmant und kosmopolitisch, mit dem richtigen Mix aus Mexiko und den USA. Wir stellen uns auf einen fast leeren Campingplatz, da ja die Sommerferien vorbei sind. Unser Platz ist super unter grossen Bäumen gelegen, mit Strom- und Wasserversorgung - ziemlich praktisch weil sich die Temperaturen am Tag immer noch so um 35° bewegen. 

 

Es ist Samstag, wir wollen in die Stadt. Wir hüpfen also in den Bus direkt an der Haltestelle vor unserem Campingplatz und fahren die 20 Minuten ins Stadtzentrum. Wir besuchen das geschichtsträchtige Fort Alamo - wo in jüngerer Zeit (1960) auch John Wayne den gleichnamigen Film gedreht hat. Das heutige Museum ist eine der meist besuchten Attraktionen in den USA und seit 2015 Unesco geschützt.

 

Wir lassen uns treiben und entdecken zuerst den offenbar grössten mexikanischen Markt in Nordamerika. Wir fühlen uns gleich zu Hause, es ist bunt, laut, es wird gesungen, es gibt Churros und geschnittene Früchte, Großfamilien tingeln durch den Markt und natürlich kann man allerlei Kitsch erstehen. Einige Männer sind mit ihren alten aufgemotzten Schlitten beim Markt und stellen mit Stolz geschwellter Brust ihre Lieblinge zur Schau. Begeistert sind wir dann auch vom Riverwalk. Viele miteinander verbundene Wasserwege aus 1921 (ursprünglich als Gegenmaßnahme zu Überschwemmungen gebaut) entlang des San Antonio River, vorbei an Wohnhäusern, Hotels, Gärten, Restaurants und Bars. Am Wasser unter den alten Bäumen ist es angenehm kühl, über kleine Brücken kann man immer wieder die Richtung ändern oder eine Abkürzung nehmen und natürlich verkehren Boote für Touris. Sehr gemütlich und bereits sehr mexikanisch.

Unsere Tage in San Antonio vergehen irgendwie viel zu rasch. Allerdings ist es so heiss, oft um die 40°, so dass wir auch keine dicken Stricke verreissen. Ein bisschen bädele im Pool, ein wenig Sightseeing, ein bisschen Qi-Kung, lesen, Spanisch lernen😉, Diverses buchen (Hotels in Mexiko City, U2 Ticket, Hotels in Hamburg, Osteopathie in Mexiko City, Versicherung für den Ländy in Mexiko) kochen, plaudern mit Nachbarn usw. 

 

Und ja, vielleicht hat der Eine oder die Andere unter euch aufmerksamen Lesern sich schon mal gefragt, wie es mit unserem steckengeblieben Check von der mexikanischen Autoversicherung weiter gegangen ist. Leider ist die Antwort; Gar nicht! Aber nun haben wir bei einem Versicherungsagenten der gleichen Versicherung, die Police für die nächsten paar Monate abgeschlossen. Der Typ war so auf Zack, dass Tinu die Gelegenheit gepackt, und ihm den alten Fall geschildert hat. Der will jetzt mal schauen, ob er was ausrichten kann. Zudem hat er uns einen Beleg vom Geldtransfer geschickt, der von der Versicherung an die Korrespondierende Bank in New York getätigt wurde. Das alles haben wir nun weiter geleitet, aber die wollen oder können in New York nichts tun. Aber immerhin bewegt sich wieder was, und wir haben eine Ansprechperson. We’ll see - es bleibt spannend.

 

Heute erreicht uns wieder eine Schreckensmeldung der Natur. Erdbeben in Mexiko City der Stärke 7.4 mindestens 200 Tote. Das Erdbeben ereignete sich genau am Jahrestag eines der schwersten Beben in der Geschichte Mexikos am 19. September 1985, damals wurde auch besonders Mexiko-Stadt stark getroffen. Zwei Stunden vor dem erneuten Beben hatte es noch eine grosse Katastrophensimulation mit Evakuierungen gegeben, um das Verhalten für den Fall eines erneuten Erdbebens zu trainieren.

 

Schon verrückt. Hurricane Harvey erreichte die Küste auch am 12. Jahrestag von Hurricane Katrina.

 

Ich mach mir natürlich jetzt schon Sorgen wegen Mexiko Stadt. Denn immerhin fliege ich übermorgen für zwei Wochen genau da hin. Tinu wird erst gegen Sonntag Nachmittag eintreffen. Er wird die 1400 km von San Antonio nach Teotihuacan alleine fahren, und den Ländy für zwei Wochen auf dem RV Stellplatz, den wir kennen, stehen lassen. Tinu wird also am Abend in MC ankommen.

 

…und dann war’s das schon wieder von den USA und Kanada. Sechs Monate waren wir manchmal mit Freunden und manchmal alleine unterwegs und oft total von den Socken vor lauter Begeisterung. Die Natur im Westen der USA ist einfach unübertroffen. Die Canyons Grand, Bryce oder Antelope sind grossartig, die vielen wunderschönen Übernachtungsplätze wie am Lake Powell, dem Valley of Gods, dem Valley of Fire, dem Burr Trail oder am Mule Point sind unvergesslich und gehören zu den absoluten Highlights unserer Reise. Nashville, Santa Fé und New Orleans zählen für uns zu den schönsten Städten und dann war da noch Memphis; ja Graceland war einfach outstanding😊!

 

Die Amis sind ein total nettes und freundliches Volk. Unzählige haben sich für unsere Reise interessiert und waren vor allem begeisterte Ländy Fans. Oft wurden wir in den USA willkommen geheissen, angeplaudert, gegrüßt, oft wurde auch von Auto zu Auto gewunken, uns wurden Duschen angeboten, wir wurden gefragt ob wir Wasser für den Tank bräuchten, denn dann könnten wir uns im Garten bedienen, wir wurden eingeladen und sind in netten Runden gesessen. Rundum ein absolut tolles Reiseland!

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