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Guatemala 4.11.16

 

Copàn Ruinas - Guatemala

 

Tinu ist heute Morgen wieder

ziemlich fit, wir entschliessen uns also das Hotel Bosque in

Copàn  zu verlassen und uns auf den Weg in Richtung

Grenze zu machen. Ich will noch rasch an der Reception

unsere Schulden von 300 Lempiras bezahlen, am liebsten

mit Karte. Lempiras haben wir nicht mehr viele, weil wir ja

ausreisen wollen. Karte?! Ein bisschen schwierig und etwas

ungelegen, aber ich erklär Hernando, dem Receptionisten,

dass ich leider nicht genug in Bar dabei habe. Nun ich merke rasch, dass nicht der Strom oder das Gerätli das Problem sind, aber Hernando hat keine Ahnung wie man’s bedient. Zuerst gibt er auf seinem Rechner unglaublich viele Zahlen ein, ich habe keine Ahnung wofür. 300 sind doch 300? Dann gibt er auf, macht einen kurzen Anruf, und bittet mich um einen Moment Geduld. 

 

Wir gucken also zusammen die Morgenshow im TV, der den ganzen Tag in der Lobby läuft. Und ich habe bestimmt noch nie eine Moderatorin mit einem solchen Decoltée im Fernsehen gesehen. Und schon gar nicht in der Morgenshow. Der Bluseninhalt ist fast dreidimensional, und kommt uns am Bildschirm entgegen, gut dass die Knöpfe hier gewissenhaft ihren Dienst tun. Leider kommen direkt im Anschluss auch die News. Erschossene Menschen auf den Strassen von San Pedro Sula, für Hernando ein total alltägliches Bild. Er zuckt die Schultern, sie hätten den Strassenzoll nicht bezahlen wollen. Auf meine Frage, in welcher Höhe sich dieser Zoll bewegt, sagt er in der Regel sei das so um 100 U$. Wenn diese „Kasse“ aber neuerdings auf deinem Arbeitsweg sei, müsse man halt jeden Tag bezahlen, und das könnten diese Menschen nicht. Ist das nicht total verrückt! Auf meine Frage, ob die Polizei nicht eingreife, meint er lakonisch; nein, ein gewisser Teil des Zolls werde von den Kriminellen direkt an die Polizisten abgedrückt! Sowas können wir uns, als in der Schweiz lebend, überhaupt nicht vorstellen, und hier ist es Alltag. Schon verrückt.

 

Nach den Wetternews kommt ein anderer Typ an den Empfang, und beginnt den Rechner ebenfalls hektisch zu bearbeiten. Mir geht ein Licht auf. Sie müssen den MwSt. Beitrag separat eingeben und von 300 Lempiras 18% abziehen. Uiii! Schlussendlich geht das Ganze dann doch nicht, irgendwie ist die Internetverbindung nicht gut. Ich biete also an, die Rechnung in U$ Dollars zu begleichen, und grosses Aufatmen am Empfang. 13 U$ in Papierform wechseln den Besitzer und alles ist gut.

 

Wir fahren die kurze Strecke von etwa 15 Km, bis zum Staubeginn der Brummis, die ebenfalls über die Grenze wollen. Wir überholen die wie immer und fahren direkt vor die Migracion in Honduras. Kein Anstehen, ein sehr netter Grenzer fragt ob es uns in Honduras gefallen hat, kurzer Small Talk, Stempel eins, Stempel zwei und tschüss. Zwei Büros weiter, Zoll. Die nette Lady trägt das Fahrzeug aus Tinus Pass aus und wünscht uns eine gute Weiterreise. Zehn Minuten und adios Honduras. Du hast uns sehr gefallen, und wir wünschen dir und deinen wunderbaren Menschen alles Gute für die Zukunft. 

 

Wir tuckern etwa 200 Meter weiter. Migracion Guatemala. Ein älterer Mann am Schalter kümmert sich um unsere Pässe, während ein junges Girlie uns im Namen des Tourismusministeriums eine grobe Strassenkarte mit den Sehenswürdigkeiten übergibt. Wieder ein total netter Beamter, der sich freut uns 82 Tage Aufenthalt in Guatemala gewähren zu können. Ja, das müsste reichen ;-) Er zeigt uns den Weg zum Zoll für das Fahrzeug. Wie immer braucht es eine Kopie von Tinus Fahrausweis, dem Fahrzeugausweis und dem Pass. Die haben wir eh seit Bolivien immer in Reserve, denn dort haben wir mal etwa 20 Kopien machen lassen. Easy. Der Zöllner füllt ein Formular aus, gibt uns den Auftrag in der daneben liegenden Bank 20 U$ ein zu bezahlen und mit der Quittung wieder zu ihm an den Schalter zu kommen. Ratzfatz gemacht, zurück zu ihm, jetzt will er noch kurz einen Blick auf die Chassisnummer und das Kontrollschild des Ländys werfen - und weil er grad so gwundrig ist, noch schnell ein Blick in das Innere des „Casa Rodante“. Listo! 

 

Keine (0) Formulare ausfüllen,  keine (0) nervigen „Grenzhelfer“ abwimmeln, keine (0) Bestechungsgelder zahlen, kein (0) Kopienkrieg - nix, nada, niente! Weniger als eine Stunde hat dieser Grenzübergang gedauert. Bienvenido en Guatemala!

 

Wir lassen an dieser Stelle mal alle Overlander grüssen, die ihre Grenzerlebnisse aufbauschen um ihren Blogs die (un)nötige Würze zu geben. Lasst das doch einfach sein. Und ein Rat an die vielen, die sich unnötig Gedanken/Sorgen über zentralamerikanische Grenzübergänge machen:

Sorgen sind unnötig…es ist easy, die Grenzer nett und zuvorkommend und es ist auch sicher! 

 

Wir finden auf jeden Fall den ersten Eindruck der Guatemalteken super. Wir fahren nur noch etwa 50 km, weil wir von einem fast neuen *****Hotel gelesen haben, wo man gut und sicher stehen kann. Als wir ankommen, ist es erst Mittag und der nette Wächter fragt, ob wir Hotelgäste seien. Wir erklären ihm, dass wir nur gerne im Ländy hier parkieren würden um zu übernachten. Klar geht das. 100 Quetzal (Währung von Guate) ca.13 U$ sind fällig, dann zeigt er uns einen guten Platz im Grünen. Als wir später an der Reception das Mädel fragen, ob wir den wunderschönen Pool mitbenutzen dürfen, ruft sie kurz den Vorgesetzten an und der gibt sofort grünes Licht. Wir haben also den ganzen Nachmittag Pool, Liegestühle, Strom für unsere Gadgets alles für uns alleine, wunderbar. Das Mädchen vom Empfang gibt uns noch ein paar Tipps von Sehenswürdigkeiten und wünscht uns einen schönen Tag. Ich glaube, wir lieben Guatemala bereits jetzt schon.

4.11.16 - 8.11.16

 

Wir sind also im berühmten Antigua angekommen. Der Weg hierhin war mühsam und die Strasse wirklich übel, aber da wir in dieser Ecke einige Tage bleiben wollen hat sich der Weg auf jeden Fall gelohnt. Wir mussten an der 1.1 Mio. Einwohner grossen Hauptstadt Guatemala City vorbei, und die „Umfahrungsstrasse“ ging ziemlich genau durchs Zentrum🙁.

 

Aber Antigua, die alte Hauptstadt, ist ein wirkliches Schmuckstück. Viele, schön restaurierte Häuser, gemütliche Kaffees und Restis in denen man von marokkanischer über Italienische, Französische und Belgische Küche alles bekommt, nette Läden mit Kunsthandwerk und wunderschönen Kirchen. Frauen in traditionellen Trachten, viel lokales Handwerk, bunte Fassaden und toll bemalte Busse machen aus diesem Ort was Besonderes.

 

Antigua befindet sich auf 1500 M.ü.M. hat daher ein angenehmes Klima (wir mussten erstmals seit Langem wieder Socken hervorkramen), und ist umgeben von grünen Hügeln und drei aktiven Vulkanen. Vor allem der rauchende und manchmal Lava speiende Vulkan Fuego sieht auch von Weitem eindrücklich aus. Das Städtchen hat in der Vergangenheit Erdbeben und Vulkanausbrüchen getrotzt, und ist einer der Anziehungspunkte für in- und ausländische Touristen. Hier sehen wir sogar wieder mal einen Ferrari, viele BMW’s und andere teure Autos. Woher dieses Geld wohl kommt? In einem Land mit 16 Mio. Einwohnern, wovon 67% unter der Armutsgrenze leben und über 30% Analphabeten sind? Spekulationen sind wohl zulässig…

 

Im Übrigen gibt es hier einen wirklich guten Übernachtungsspot für Overlander. Direkt im grünen Hof der Tourist Police hat es genug Platz für mehrere grosse Fahrzeuge. Uns gefällt’s hier gut. Im nahen „Londoner Pub“ gibt es schöne Live Musik und gutes Bier, wir fühlen uns sicher, auch wenn wir am Abend durch die Gassen bummeln oder auf dem Foodmarket etwas essen gehen.

 

Da nach den ganzen Rüttelpisten unsere Verkabelung scheinbar wieder etwas abbekommen hat, wollen wir zu Gunter, einem Secondo aus Deutschland, mit einer von Reisenden empfohlenen Werkstatt. Als wir gegen neun Uhr bei ihm ankommen, herrscht bereits Hochbetrieb. Offenbar machen diese Strassen allen Fahrzeugen zu schaffen. Batterien, Reifen, Sicherungen und Verkabelungen leiden - gut für das Business von Gunter. Er scheint das Problem rasch zu erkennen, allerdings hat er bis zum späteren Nachmittag bereits Aufträge. Wir kommen also um vier Uhr nochmal wieder, und einer seiner Elektriker baut erst mal unseren Kühlschrank aus, der seinen Geist aufgegeben hat. Sei letzter Aussetzer war in Puerto Montt, also in Chile und das ist doch schon neun Monate her. Seither wurde viel gerüttelt und es war feucht und heiss, da wollen wir ihm das mal durchgehen lassen;-)

 

Der Elektriker findet das Problem ziemlich rasch. Es ist kein Kabelbruch, es ist eine der Uraltsicherungen, von denen wir eh keine haben, die sich gelockert hat. Er behebt den Schaden, gibt uns noch ein Set dieser Sicherungen mit und nimmt sich noch einem anderen kleinen Problem an. Die Sicherung beim Stromumwandler von 110/220 Volt auf 12 V brennt ab und zu durch, weil die Stromnetze in Südamerika nicht regelmässig Strom liefern. Mal kommt er ganz schwach oder gar nicht, und wenn er dann wieder in voller Stärke durch die Kabel kommt, verbrennt es manchmal diese Sicherung. Auch da ist einiges locker, was er wieder in Ordnung bringt, und eine Stunde und 10 U$ später machen wir uns wieder auf den Heimweg. Wir sind froh, dass keine Kabel im Untergrund neu gezogen werden mussten und dass unser Kühli und die Steckdosen wieder funktionieren!

Wir haben für den Moment genug von der Stadt und machen uns auf den Weg an den Lago de Atitlan. Auf ca. 1600 M.ü.M. liegt der See umgeben von Vulkanen, etwa 140 Km entfernt von Antigua. Die Strasse ist unerwartet gut, zum Teil vierspurig, Verkehr hat es auch fast keinen und wir kommen wieder mal auf über 2700 M.ü.M. Rasch erreichen wir den Abzweig zum See, der etwa 15 km vor unserem Ziel liegt. Wir wurden vor dieser Strecke schon ein paar mal gewarnt, weil sie sehr steil sein soll. Und wirklich, es fühlt sich wieder mal an wie eine Pässefahrt zu Hause in den Bergen. Richtig viele Serpentinen, zum Teil auch richtig steil und vor allem ist die Strasse löchrig. Sie wird wohl bei starkem Regen immer wieder abrutschen und reissen. Manchmal ist sogar der erste Gang im Standgas schnell genug. Auf dem Weg erreichen wir zwei kleine Orte und müssen „Eintritt“ bezahlen wie in einem Museum, kriegen aber auch ein Ticket dafür und auch die Einheimischen bezahlen ihren Wegzoll. Hat also alles seine Ordnung.

 

Wir wollen zu Pierre, natürlich ein hängengebliebener Franzose, er soll eine wunderschöne Camping-Hostel-Anlage direkt am See haben und auch viel Platz für Overlander. Nach weiteren 

4 km richtig schlechter Strasse stehen wir vor Pierre’s Tor. Keine Anschrift, kein Schild nur dank unseren Koordinaten vermuten wir dahinter das Gelände des Franzosen. Wir klingeln, und bald darauf erscheint ein Einheimischer Arbeiter und begrüsst uns ganz nett. Er will uns zeigen wo wir uns hinstellen können, wo’s Strom hat, wo die Duschen sind und so weiter. Es ist richtig, richtig toll hier. Einer der allerbesten Plätze auf der ganzen Reise. Vieles erinnert uns ans Tessin ;-) Wir stehen erhöht über dem See, haben eine wunderbare Aussicht auf’s blaue Wasser und die Vulkane, einige davon rauchen ganz schön. Die Anlage ist super gepflegt, es blüht, hat überall Hängematten und Liegestühle unter schattigen Strohdächern, direkten Zugang zum See und Kajaks zum Ausleihen. 

 

Es stehen noch vier weitere Fahrzeuge auf dem Platz. Drei Amipaare und eine Deutsche die alleine reist. Also hier gefällt es uns. Eigentlich wollten wir am Donnerstag oder Sonntag auf den grossen Markt nach Chichicastenango, aber der muss wohl noch eine Woche warten. Hier gehen wir für eine Weile nicht weg.

9.11.16 - 16.11.16

 

PasajCap bei Pierre

 

Wir verbringen ein paar richtig gemütliche Tage bei Pierre, dem Franzosen. Seine Anlage ist toll ausgebaut, wird super unterhalten und immer noch etwas erweitert und verbessert. Er hat bereits in den 90ern in Guatemala beruflich zu tun gehabt und ist vor zehn Jahren hier hängengeblieben. Sein Appartement in Paris hat er zwar behalten, aber er sagt die schlechte Luft in der Stadt, ginge ihm schnell auf die Nerven. So geniesst er seine gute Luft am Lago de Atitlan, schlendert mit seinen drei grossen Schäferhunden von Bauplatz zu Bauplatz und hält hier und dort einen Schwatz mit seinen Feriengästen. 

 

Praktischerweise hat es direkt am See unterhalb des Stellplatzes ein Bootsanleger. Wir müssen also nur auf den Steg stehen und dem nächsten Motorboot, dass in die gewünschte Richtung geht winken. Wir fahren mal nach San Pedro, einem Ort direkt am Ufer des Atitlan. Gemütlich bummeln wir durch die fast Autofreien Gassen; Hostels, Restis und kleine Läden säumen die Strassen. Auf dem lokalen Markt beobachten wir die Einheimischen und genehmigen uns einen guten guatemaltekischen Kaffee. 

 

Auch San Marcos, das Örtchen zu dem Pierre geografisch gehört, ist nett, übersichtlich und von Backpackern besetzt. Hostel an Hostel, Yogastunden, Meditation und Massagen überall. Recht gute Restis von Expats aus England, Deutschland, Italien und den USA laden zum Verweilen ein. Matti, einer der Amis der ebenfalls vorübergehend bei Pierre auf dem Gelände wohnt, ist Berufsmusiker und lädt uns ein, zu seinem Gig im „Blind Lemon“ zu kommen. Carlos, der amerikanische Besitzer des Restis sei ein Bluesfan und überlasse ihm einen Abend die „Bühne“. Wir tingeln also am Abend ins Dorf und Essen im „Blind Lemon“ einen guten Burger und Burritos. Carlos greift sich seine Gitarre und setzt sich auf die Mini-Bühne. Toll, ein richtig alter „Ami-Blueser“ mit Reibeisenstimme. Wir könnten ihm Stundenlang zuhören. Matti kommt dazu und zupft virtuos an seinen Saiten. Er spielt richtig super Gitarre, allerdings ist sein Stimmchen eher dünn und klingt neben der von Carlos ziemlich mager. Wir finden den Abend trotzdem schön und tingeln später wieder die Viertelstunde bergwärts, nach Hause. 

 

Auch am nächsten Abend ist Livemusik by Matti angesagt. Wir lassen ihn auch diesmal nicht hängen. Bei Carlos waren vielleicht 20 Zuhörer und beim zweiten Gig vielleicht zehn. Man stelle sich vor, wir wären nicht hingegangen…

 

Über dem See zeigt sich der lange angekündigte Super-Vollmond. Mega. Es glitzert auf dem glatten Wasser und in der Ferne sehen wir die glühende Lavamassen des Vulkan Fuego (ein Foto davon müssen wir euch leider schuldig bleiben). Also, megakitschig wieder mal!

16.11.16 - 17.11.16

 

Pasajcap - Chichicastenango - Antigua

 

Es war also wirklich nicht einfach bei Pierre und dem wunderbaren See wegzukommen. Fast hätten wir wie andere, unseren Aufenthalt nochmal verlängert. Einige waren seit sechs Wochen dort 😳. Aber es gibt ja noch viel zu sehen, und nach einem letzten gemütlichen Abend mit den Amis und den Kanadiern die uns zu sich nach Montreal eingeladen haben (thanks to Sonja and Paul), verlassen wir am Morgen den schönen Lago de Atitlan. 

 

Auch auf dem Rückweg brauchen wir für die 18 km mehr als eine Stunde, es ist ziemlich steil und die Strasse löchrig. Auf dem Weg zurück zur Hauptroute treffen wir überraschend auf ein französisches Paar, welches wir zum ersten Mal in Argentinien (!) getroffen haben. Nach einem kurzen Schwatz, fahren wir beide weiter, sie zu Pierre und wir in Richtung Chichicastenango. In Chichi, wie es die Einheimischen der Einfachheit halber nennen, findet jeden Donnerstag und jeden Sonntag ein grosser Markt statt. Es soll der grösste in ganz Zentralamerika sein und er ist bis weit über die Landesgrenzen hinaus berühmt. Chichi liegt auf knapp 2000 M.ü.M. und hat 70’000 Einwohner. Die gepflasterten Gassen sind eng, auch wenn kein Markt ist. Die Einheimischen sind es aber gewohnt, dass ab und zu manövriert werden muss weil nicht zwei Fahrzeuge kreuzen können, und nehmen das gelassen. Wir finden das Hotel Mayan Inn im Zentrum, auf einer grossen, grasigen und bewachten Parkfläche gibt es Platz für etwa 25 Autos. Aber wir sind nebst zwei PW’s die einzigen. Wir bummeln am Abend noch ein wenig durch die Gassen, und kaufen auf dem Markt für ein gutes Znacht ein.

Obwohl wir mitten in der Stadt stehen, ist es in der Nacht mucksmäuschen still. Ab und zu bellen ein paar Hunde, that’s it. Am Morgen machen wir uns bereits ziemlich früh, nach einem ersten Kaffee und etwas ähnlichem wie ein feines Schmelzbrötli, auf den Markt. Er ist toll. Die Frauen wie immer in ihren Trachten, verkaufen Stoffe, Blumen, Gemüse, Holz- und Lederarbeiten, Schmuck und vieles mehr. Es herrscht eine gemütliche Stimmung; es wird geschwatzt, gelacht, gefeilscht und gekauft. Über dem Markt liegt ein Hauch von Weihrauch, denn auf der Treppe der katholischen Kirche ist auch ein Mayaschrein. Auf diesem wird Weihrauch verbrannt und ebenfalls vor dem Eingang der Kirche. Zumindest in diesem Fall scheinen sich die Religionen einig. Weihrauch braucht’s. Auf einem Balkon eines zentral gelegenen Cafés genehmigen wir uns einen Guatemala Hochland 😋 und beobachten das rege Markttreiben.

Mit einigen Souvenirs und ein paar Avocados im Gepäck tingeln wir zurück zum Ländy, stärken uns mit einer richtig feinen Guacomole und machen uns schliesslich auf den Rückweg nach Antigua.

17.11.-20.11.16

 

Antigua - Rio Dulce

 

Da wir vor kurzem schon mal in Antigua gewesen sind, ist es ein wenig wie „heimkommen“. Wir stellen uns wieder zur Tourist Police in den Park, diesmal sind noch Holländer mit einem ähnlichen Ländy dort, es kommen noch Amis, ein italienisches Paar und ein Deutscher dazu. Platz ist aber reichlich vorhanden.

 

Als wir durch den Ort bummeln, sehen wir einen Flyer auf dem ein Samstagsmarkt auf einem Bio Hof angepriesen wird. Das möchten wir uns ansehen und bummeln also am Samstag Morgen die 2,5 km in Richtung Aussenbezirk. Durch schöne Quartiere, mit den hier üblichen gepflasterten Strassen erreichen wir den Hof. Fast eher eine grosse Gärtnerei, mit unglaublich viel Blattsalaten, Kresse, Kapuzinerblüten, viel verschiedenen Gemüsen und einem tollen Bio Laden. Natürlich wird der Hof von einem Engländer betrieben und wir nehmen an, dass auch seine Kunden bei den Expats zu finden sind. Allerdings haben einheimische Frauen einen tollen Stand mit typischem, guatemaltekischem Essen. Tinu fällt vor Begeisterung fast in den Topf, ein richtig toller, lange geschmorter Fleischeintopf köchelt vor sich her. Mich zieht’s eher zu den wunderschönen Bio-Salaten und dazu gibt es knuspriges Vollkornbrot. Yummie! An kleinen Marktständen wird Ziegenkäse zum probieren angeboten, einige offerieren diverse Chilipasten, Chutneys und hausgemachte Konfitüren. Alles sehr lecker. Ein paar Jungs spielen Jass und Blues - ein richtig schönes Erlebnis. 

 

Später tingeln wir mit vollen Bäuchen wieder zurück ins Zentrum wo am Samstag ein kleiner Handwerkermarkt stattfindet. Es herrscht wie immer in Guatemala eine relaxte Atmosphäre, es wird geschwatzt, gelacht und gefeilscht. Irgendwie sind die Guatemalteken ein ziemlich entspanntes Völklein. Sehr sympathisch! 

Heute soll unser Weg nach Rio Dulce an den Lago Izabal führen. Ungefähr 300 km liegen vor uns, wie immer in Guate, mal super Highway, mal lausig zusammengeschusterte Asphaltflicke. Unterwegs treffen wir zufällig auf einen riesigen Ami-Trailer, verziert mit einem Schweizer Kreuz auf der Front. Wir halten an und plaudern mit Petra und Päscu aus der Region Bern. Sie haben ihren 11 (!) Meter langen Trailer in den USA gekauft und sind auf dem Weg in den Süden. Sie geben uns noch einen Tipp für Rio Dulce. Sie wollten eigentlich zu Bruno’s (der einzige gut klingende Overlander Platz), haben aber zu früh abgebogen und konnten nicht mehr wenden (kein Wunder mit dem Teil). So sind sie in den tollen Yacht Club Mar Marine gekommen, wo sie gegen das übliche Entgelt in Guatemala, stehen konnten. Subi, das machen wir auch, denn die zwei haben den Platz sehr gelobt…und wirklich; uns gefällt’s auch gut. Ein wunderbarer, sauberer Pool, Liegestühle, ein Resti und einen sehr guten Parkplatz für unseren Ländy. Viele grosse Yachten und Katamarane sind entweder vor Anker oder angedockt und verbringen hier am See einige Wochen, wenn nicht sogar Monate.

 

Seit in den Staaten bekannt ist, dass der Lago Izabal einer der sichersten Häfen in der Karibik ist um das Ende der Hurricane Season abzuwarten, kommen viele Amis mit ihren Booten hierher. Der Lago Izabal ist natürlich ein See, aber durch den fast 40 km langen Fluss Rio Dulce mit der Karibik verbunden. Deshalb ist der Hafen auch weit genug von der Küste weg, wenn es gilt einen Sturm abzuwarten, oder einem auszuweichen. So wie jetzt. Der Hurricane Otto nimmt im Moment vor der Küste Nicaraguas Geschwindigkeit auf und hat in Panama bereits erste Todesopfer gefordert. Morgen soll er den Süden von Costa Rica überqueren und dort gab’s seit 1851 keine Hurricanes mehr!

 

Die Sturmsaison sollte jetzt eigentlich zu Ende gehen und bis im Frühling müsste theoretisch ruhige See herrschen. Aber die Segler bleiben hier im geschützten Hafen, arbeiten noch an ihren Booten und zwitschern ein Bier ums andere, bis sich die Lage wohl beruhigt. Uns hat es bisher so gut gefallen, dass wir auch schon die vierte Nacht hier sind. Wir bummeln ins Örtchen Rio Dulce, in dem es nicht viel zu sehen gibt (ausser einer französischen Bäckerei mit Croissants und Pain au Choccolat) und schönen Fruchtständen. Aber im Gelände des Yacht Clubs können wir uns gut „vertörlen“ und warten mal ab, was Otto noch so bringt. Die Segler sind übrigens auch mal eine nette Abwechslung. Sie finden es ja total irre, dass wir mit einem Fahrzeug von Feuerland bis hierher gefahren sind. Aber sie segeln von Vancouver durch den Panamakanal und sind jetzt auch hier. Genauso verrückt, oder! Wir sind natürlich die Exoten unter all den Seglern, es ist aber toll die verschiedenen Boote zu studieren. Von ultramodern über superteuer bis hin zu „sinkwürdigem Zustand“, gibt es hier alles zu sehen. Wie bei den Wohnmobilen, haben einige ihre Yachten selber ausgebaut, andere wohnen seit Jahren darauf und haben gar kein Heim am Festland mehr, und wieder andere sind bereits seit drei (!) Jahren, hier im Hafen. Crazy.

 

Tinu macht einen Tagesausflug nach Livingstone. Mit schnellen Motorbooten geht es zwei Stunden über den Rio Dulce bis zur Mündung in die Karibische See. Mein Rücken und schnelle Motorboote die immer wieder auf die Wellen krachen harmonieren nicht, und deshalb bewache ich den Pool, den ich ganz für mich alleine habe. Die Ufer des Rio Dulce sind gesäumt von Urwald und hohen Felsen. In Livingstone herrscht Karibik pur. Die Trachten der Mayafrauen sind gegen bunte Volants eingetauscht worden, die Haare der Männer füllen riesige rot grün gelbe, gehäkelte Kappen und aus den Boxen plärrt wieder mal Bob Marley, no woman no cry 🙄.…Jawoll, das ist Karibik pur.

24.11. - 30.11.16

 

Rio Dulce  - Flores - Tikal - Yaxhà

 

Wir haben uns überlegt, noch einen Tag in der Marina von Rio Dulce zu bleiben und den Sturm Otto abzuwarten. Allerdings ist am Morgen das Wetter so trüb und nass, dass wir uns dennoch auf den Weg gen Norden machen. Wir hoffen, dass im Inland und weiter nördlich der Berge, die Ausläufer nicht stark zu spüren sind. Wir fahren also in Richtung Flores, am Lago Péten Itza. Die Asphaltstrasse ist wieder mehrheitlich Flickwerk und die profilfreien Reifen der einheimischen Fahrzeuge kommen bei dem Regen ziemlich ins Rutschen. Nicht weniger als vier Unfälle, zum Glück meistens nur grosse Blechschaden, begegnen wir auf unserer Strecke. Flores ist ein kleines Nest, mit einigen teils sogar grösseren Hotels, weil von hier aus, viele Gruppenreisende die antike Maya Stätte Tikal besuchen. Hier ist es trocken nur noch wolkig. Der Sicherheitsmann des Ramada Hotels hält ein Auge auf unseren Ländy, wir können ihn somit direkt zwischen Hotel und See parkieren. Das Örtchen ist schnell gesehen, bald schüttet es auch hier wie aus Kübeln. Im Ramada fällt ob des Regens das Internet aus und die Strassenlaternen haben eh keinen Strom. Hier werden die Trottoirs am Abend hochgeklappt, nada mas!

Am nächsten Morgen sieht es wettertechnisch nicht besser aus. Wir fahren an die andere Seite des Sees nach El Ramate. Noch überblickbarer, ein paar Hostels und kleine Geschäfte für die Lebensmittel des täglichen Bedarfs. Wir finden bei Doña Tonita einen tollen Platz direkt am See. Es ist wunderschön hier, allerdings vor allem bei gutem Wetter. Kein Strom, kein Internet, viel Regen - der E-Reader glüht. Zum Glück gibt es diese tolle Erfindung! Auch am folgenden Tag ist es extrem verhangen. Immer wieder mal starke Regengüsse. Wir beschliessen hier das schlechte Wetter aus zu sitzen, denn Maya Ruinen bei strömendem Regen zu besichtigen macht irgendwie keinen Spass. Es ist immer noch etwa 27 Grad warm und der See hat bestimmt eine ähnliche Temperatur. Schwimmen ist also kein Problem, das Wasser ist klar und sauber und nass wird man ja sowieso. So gehen die Tage dahin und am Montag soll es schöner werden…

… und tatsächlich. Am Morgen als wir erwachen schüttet es zwar noch wie gehabt, wir sehen aber schon erste Wolkenlücken. Gegen Mittag ist es im Vergleich zu den letzten Tagen schon richtig feudal. Wir baden ein letztes mal und machen uns auf den Weg nach Tikal. Wenn man den Nationalpark erst nach 15.00 Uhr erreicht, hat das Ticket für den Abend und den nächsten Tag Gültigkeit. Super. Wir stellen uns zum Jaguar Inn Hotel und machen uns auf den Weg das riesige Gelände der antiken Stadt zu besichtigen. Die Stadt ist 65 Quadratkilometer gross, von den ursprünglich über 4000 Gebäuden wurden nur einige ganz oder zum Teil ausgegraben und/oder restauriert. Da es alleine in Guatemala über 2000 Maya Stätte gibt, ist Geld natürlich immer knapp und wird, wenn von irgendwo her gesponsert, auf verschiedene Ausgrabungen verteilt. Daher wird es noch viele Jahre dauern, bis Tikal vollständig freigelegt sein wird. 

 

Zu Zeiten der Maya Hochkultur haben hier über 90’000 Menschen gelebt. Wir bummeln fast alleine durch das dichte Grün der Urwaldriesen, es riecht lehmig und modrig, wir sehen verschiedene Tukane und Ameisenbären und hören das Gekreische der Urwaldbewohner…und eigentlich leben hier sogar Jaguare, sagt man. Das Licht bei den grossen, steilwandigen Tempeln, einige davon über 60 Meter hoch, ist am Abend besonders schön. Kurz vor Sonnenuntergang verlassen wir den Hauptplatz und machen uns auf den Rückweg. Es wird total schnell dunkel, umso mehr als der Weg durch die dicht stehenden Bäume des Dschungels führt. 

 

Am Morgen machen wir uns bereits ziemlich früh auf den Weg zurück zur archäologischen Stätte. Carlos, unser Guide erklärt, erzählt, zeichnet und zeigt uns Wissenswertes über die Mayas, deren Kalender, deren Hierarchie, deren Leben und deren Untergang. Es ist interessant und doch so weit weg. 800 Jahre nach Christus! Irgendwie gefällt mir die Drei-Generationen-Nasenbär-Grossfamilie, die uns über den Weg läuft, mindestens so gut. Wir freuen uns über das gute Wetter, die angenehmen Temperaturen, die wenigen Touristen, bummeln und fötelen und machen irgendwann auch ein schönes Picknick. Das war nun das sagenumwobene Tikal. Wow, jetzt waren wir also auch da - und es hat uns sehr gefallen.

 

Wir wollen nicht nochmal im Park übernachten, und beschliessen zurück zu Doña Tonita zu fahren. Am See ist es bestimmt auch bei schönem Wetter schön😎.

Wir verabschieden uns nun endgültig vom Lago Péten Itza und wollen vor der Grenze zu Belize die kleine und entlegenere Maya Stätte Yaxhà besuchen, die am gleichnamigen See liegt. Forscher vermuten, dass in der klassischen Zeit Yaxhà ein Urlaubsort der oberen Schicht der Mayas war. Und was für die gut genug war, wird wohl für uns auch passen 😊. So fahren wir die etwa 70 km bis zum Eingang des Biosphären Reservats. Miese Asphaltstrasse hinter uns lassend, kommen wir auf eine unglaublich schlechte Piste. Total ausgewaschen, geht es für unseren Ländy über wüste Gräben und Geröll durch den Dschungel. Es rumpelt und holpert, und Mensch und Maschine ächzen. Aber wie so oft, lohnt sich der Weg. Der kleine Campingplatz der im Eintrittspreis mitbenutzt werden darf, ist soo schön. Wir sind ganz alleine und stellen uns ziemlich nah zum See. Eigentlich hätte Tinu noch einen schöneren Platz direkt am Wasser gesehen, aber der Hüttenwart meint, wenn wir da stehen wollen, würde das nur für den Tag gehen…oho, Panzerechsen sind da zu Hause. Na denn, eigentlich sind wir nun gewohnt in den schönen guatemaltekischen Seen zu schwimmen, aber das lassen wir für heute dann wohl besser sein.

 

Nach dem obligaten Morgenkaffee brechen wir auf zu den Ruinen. Ein schöner Weg führt vom Camping, entlang des Seeufers, zu den Tempeln. Kein Mensch ist unterwegs, nur die Geräusche der Tiere im Dschungel sind  zu hören. Am Gate haben wir einen guten Plan des Geländes bekommen und können uns so orientieren. Es sind auch die Tempel eingezeichnet die noch nicht freigelegt wurden, wir haben also einen guten Überblick über das Urlaubsparadies der reichen Mayas. Einige Tempel sind sehr gut erhalten oder restauriert, der ganze Park ist gepflegt und überall treffen wir auf fleissige Arbeiter, die die Wege von Laub befreien, Treppen zu Aussichtsplattformen reparieren oder das hohe Gras mit der Machete mähen. In den fast drei Stunden, sehen wir genau zwei andere Touris. Für uns ist das natürlich toll, für die Erhaltung des Reservats weniger. Offenbar nehmen nicht viele den Weg zu diesem abgelegenen Ort auf sich, oder fahren nur zu den berühmten Tempeln von Tikal… 

 

…und zu guter Letzt, hat sich doch tatsächlich zum Sonnenuntergang noch ein grosses Krokodil im See auf seinen abendlichen Streifzug gemacht. Cool! Ein letztes mal geniessen wir in Guatemala die totale Dunkelheit, die nur erhellt wird von den zahlreichen Glühwürmchen und den unzähligen Sternen am Himmel.

Fazit von Guatemala: An die wunderschönen Seen, wo wir immer tolle Übernachtungsplätze gefunden haben, werden wir uns gerne erinnern. Die Einheimischen sind offen und freundlich, die farbigen Trachten der Hochland Bewohner gaben für uns dem Land ein schönes, exotisches Flair. Wir haben uns stets sicher gefühlt, hatten nie negative Erlebnisse mit Polizei oder dem Militär. Die Strassen waren bisher auf unserer ganzen Reise die schlechtesten, in keinem anderen Land haben wir so viele Unfälle gesehen. Aber die Infrastruktur für Touristen ist gut und wir verstehen alle, die auf ihrer Reise ein bisschen von ihrem Herz in Guatemala verloren haben.

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